SUISEKI Steine
Kunstwerke der Natur
SUISEKI = Kunstwerke der Natur
Seit der Mensch begann, bewusst über diese Erde zu schreiten, sind ihm die allein von der Natur über Jahrtausende seltsam geformten Steine, wie sie an vielen Stellen der Erde gefunden werden können, aufgefallen. Suiseki sind hauptsächlich durch die Natur geformte Gesteinsobjekte, in denen sich die kosmischen Kräfte sozusagen konzentrieren. Unter Einfluss von Wasser, Wind, Sandstürmen u.s.w. werden Steine zu Miniaturlandschaften oder sonstigen Figuren von außerordentlicher Schönheit und starker Aussagekraft von teilweise nur wenigen Zentimetern Größe modelliert.
SUISEKI KUNST
Suiseki ist die Kunst in der Natur vorgefundene Steine in meditativ ansprechender Weise zu präsentieren. "Suiseki" setzt sich aus den japanischen Wörtern Sui (= Wasser) und seki (= Stein) zusammen. Geläufig ist ebenfalls die Bezeichnung als chinesischer Gelehrtenstein. Vor etwa 2000 Jahren begannen die Chinesen Gelehrtensteine in der hohen Beamtenschaft und in Künstlerzirkeln gemeinsam mit Kalligraphien und Bildern auszustellen, weshalb Suiseki eigentlich ein Aspekt der chinesischen Kunst ist. Ab dem 6. Jahrhundert übernahmen die Koreaner und Japaner die Suiseki-Kunst. Kleinere Gelehrtensteine befinden sich meistens in Innenräumen, größere Steine nehmen besonders in der chinesischen Gartenkunst eine zentrale Rolle ein.
Suiseki werden in der Regel auf zwei verschiedene Weisen präsentiert: Der Stein wird mit einem Holzsockel (Daiza) versehen. Der Stein wird in ein wasserdichtes Tablett oder Schale aus Keramik(Suiban) oder Bronze(Doban) gelegt.
Bei diesen Steinen handelt es sich nicht um irgend welche Steine, es müssen ausdrucksstarke Steine mit besonderer Form, Farbe und Textur sein. Man unterscheidet zwischen Landschafts- und Objektsteinen. Erstere spiegeln Landschaften wie Berge, Seen oder Flüsse wieder, während Objektsteine Formen besitzen, die an Tiere oder Skulpturen erinnern. Die Steine sind natürlichen Ursprunges und werden in Flüssen, Meeren sowie Karstgebieten gefunden und dürfen nicht weiter vom Menschen bearbeitet worden sein.
Die 4 übergeordneten Kategorien für schöne Steine
1. BISEKI
bedeutet übersetzt schöne Steine. Diese sind nicht im eigentlichen Sinne Suiseki, werden aber häufig an Ausstellungen mit diesen zusammen gezeigt. Biseki sind schöne Steine, die meistens bearbeitet, geschliffen oder poliert werden, um deren außergewöhnliche Farbe oder die Oberflächenmuster besser zum Vorschein zu bringen, wie z.B. bei den bekannten Chrysanthemen-Steinen. Im Gegensatz zu Suiseki müssen Biseki nicht zwingend eine aussagekräftige Formbesitzen.
Unter diesem Begriff gibt es zwei klassische Hauptkategorien.
1. SHIKISAI-SEKI (Farb-Steine)
2. MONYO-SEKI / MON-SEKI (Oberflächen- / Muster-Steine)
2. MEISEKI
bedeutet übersetzt berühmte Steine. Dieser Ausdruck wird für Suiseki und Biseki verwendet. Meiseki sind wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit und Qualität berühmte Steine.
3. YURAISEKI
bedeutet übersetzt historische Steine. Dieser Ausdruck wird verwendet für Suiseki und Biseki, welche im Besitz von berühmten Persönlichkeiten oder Familien waren oder in der japanischen Geschichte eine wichtige Rolle gespielt haben.
4. REIHEKIISHI/SEKI
bedeutet übersetzt soviel wie scharfe, steile Klippen-Geist-Steine. Dieses sind chinesische Steine mit ihren typischen scharfkantigen, vertikalen Linien, korrodierten Oberflächen, grotesken Formen und Durchbrüchen.
Die japanischen Bewertungskriterien für Suiseki und Biseki
Ähnlich dem chinesischen System verwendet man in Japan drei Bewertungskriterien.
1. SHITSU (Härte und Oberfläche)
2. KATACHI (Kontur/Form)
3. IRO (Farbe)
Die ästhetischen Ideale in derjapanischen Kunstbetrachtung
Zweideutigkeit, Aussagekraft, gedämpfte Farben und Balance sind die wichtigsten Qualitäten eines Suiseki.
Um die ästhetischen Qualitäten eines Suiseki auszudrücken, bezieht man sich auf die verschiedenen japanischen, hochkomplexen ästhetischen Konzepte oder Schlüsselbegriffe: WABI - SABI - YUGEN - SHIBUI – AWARE - SHIORI - HOSOMI - usw.
Diese Konzepte gelten auch für andere Kunstformen oder sind vielmehr aus diesen heraus entstanden: dem Tee-Weg, dem NO-Theater und dem HAIKU-Gedicht.
Weder können diese Konzepte präzise definiert werden, noch können die Qualitäten und Aspekte dieser Konzepte wirklich ausgedrückt werden. Sie repräsentieren vielmehr einen mentalen Zustand und das Empfinden, welches der Betrachter in Gegenwart eines Geschehens, eines Kunstobjektes oder eben eines Steines empfindet.
Wie bei den menschlichen Temperamenten ist es so gut wie nieder Fall, dass irgendetwas einem einzigen Konzept zugeschrieben werden kann. Stets sind sie vermischt und nur erahnbar. Die japanische Schönheit ist nicht lieblich und gefällig, sie ist herb. In Japan gibt es ein Schlüsselwort dafür: SHIBUI. Das japanische Empfinden für schön ist in etwa vergleichbar mit bitterem Tee,dessen Süße erst allmählich zur Geltung kommt.
Shibui symbolisiert auch im übertragenen Sinn Zurückhaltung und meint: die Schönheit liegt unter der Oberfläche und will langsam erkannt werden, sie erscheint zögernd und wirkt deshalb ewig.
Quelle: Willi Benz SUISEKI Kunstwerke der Natur.
Siddartha bückte sich, hob einen Stein vom Erdboden auf und wog ihn in der Hand. „Dies hier“, sagte er spielend, „ist ein Stein, und er wird in einer bestimmten Zeit vielleicht Erde sein, und wird aus Erde Pflanze werden, oder Tier oder Mensch. Früher nun hätte ich gesagt: >Dieser Stein ist bloß ein Stein, er ist wertlos, er gehört der Welt der Maya an: aber vielleicht im Kreislauf der Verwandlungen auch Mensch und Geist werden kann, darum schenke ich auch ihm Geltung<. So hätte ich früher vielleicht gedacht. Heute aber denke ich dieser Stein ist ein Stein, er ist auch Tier, er ist auch Gott, er ist auch Buddha, ich verehre und liebe ihn nicht, weil er einstmals dies oder jenes werden könnte, sondern weil er alles längst und immer ist – und gerade dies, dass er Stein ist, dass er mir jetzt und heute als Stein erscheint, gerade darum liebe ich ihn, und sehe Wert und Sinn in jeder von seinen Adern und Höhlungen, in dem Gelb, in dem Grau, in der Härte, im Klang, den er von sich gibt, wenn ich ihn beklopfe, in der Trockenheit oder Feuchtigkeit seiner Oberfläche. Es gibt Steine, die fühlen sich wie Öl oder Seife an, und andere wie Blätter, andere wie Sand, und jeder ist besonders und betet das Om auf seine Weise, jeder ist Brahman, zugleich aber und ebenso sehr ist er Stein, ist ölig oder seifig, und gerade das gefällt mir und scheint mir wunderbar und der Anbetung würdig.